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2006/01/16

Gletscher

Ein Gletscher ist eine aus Schnee hervorgegangene Eismasse, die sich durch ihr Eigengewicht (und dem daraus resultierenden Druck) bewegt.Das Wort Gletscher ist entlehnt aus Westalpen-romanisch glatscharju „Gletscher, [eigentlich:] Eisbehälter“. Dieses wiederum ist abgeleitet aus dem lateinischen glacies („Eis“).
In den Ostalpen ist vom Oberinntal bis zum Zillertal (Zamser Grund) die Bezeichnung Ferner (vgl. Firn) üblich; damit wurde also zunächst der Schnee von fern, d. h. aus dem letzten Jahr bezeichnet. Östlich des Zillertals (Venedigergruppe, Hohe Tauern) verwendet man die Bezeichnung Kees, die wahrscheinlich aus einer prä-indogermanischen Sprache stammt.Ein Gletscher entsteht durch die Ansammlung von Schnee, der nicht oder nur teilweise schmilzt, sondern sich immer weiter ansammelt. Frisch gefallener Neuschnee bildet eine Schicht aus nur leicht verdichteten Schneekristallen und mit Luft gefüllten Hohlräumen. Fällt erneut Schnee, so legt er sich über diese bereits existierende Schicht und drückt die mit Luft gefüllten Hohlräume so zusammen, dass sie kleiner werden. Schmelzprozesse unterstützen diesen Prozess. Gletschereis ist halb durchsichtig und schimmert in dickeren Schichten blau oder grün. Es hat eine körnige Struktur. Gletschereis hat eine Dichte von bis zu 0,918 g/cm³, während die Dichte von Pulverschnee nur 0,06 g/cm³ beträgt. Der Luftgehalt von Pulverschnee beträgt also 90%, der von Gletschereis nur noch 2%. Der Luftgehalt von Firn bzw. Firneis, die Zwischenstufen im Entstehungsprozess von Gletschereis, beträgt 60 respektive 30%. Es tritt daher im Verlauf der Gletschereisbildung eine sehr starke Verdichtung auf.Je nach Entstehungsweise und Entwicklungsstadium unterscheidet man heute im Allgemeinen folgende Arten von Gletschern:
Kargletscher: Eismassen geringer Größe, die sich in einer Mulde, dem sogenannten Kar, befinden. Kargletscher besitzen keine deutlich ausgebildete Gletscherzunge. Bei Kargletschern handelt es sich oft um Überreste von Talgletschern, die ihre Zunge verloren haben. Talgletscher: Eismassen, die ein deutlich begrenztes Einzugsgebiet besitzen und sich unter dem Einfluss der Schwerkraft in einem Tal abwärts bewegen. Sowohl der Umfang des Schmelzwassers als auch die Fließgeschwindigkeit des Gletschers variieren im Jahresverlauf mit einem Maximum im jeweiligen Sommer. Obwohl Talgletscher nur etwa 1% der vergletscherten Gebiete der Erde ausmachen, sind sie wegen ihres imposanten Aussehens der bekannteste Gletschertyp (z.B. Aletschgletscher). Eisstromnetz: Wachsen Talgletscher so stark an, dass das Gletschereis die Talscheiden überfließen kann, spricht man von einem Eisstromnetz. Die Bewegung des Eises wird aber dennoch vor allem vom vorhandenen Relief gesteuert. Die Alpen bildeten auf dem Höhepunkt der jüngsten Vereisung solch ein Netz. Inlandeis oder Eisschild: Die größten Gletscher überhaupt. Eismassen, die so mächtig werden, dass sie das vorhandene Relief fast vollständig überdecken und sich auch weitgehend unabhängig von diesem bewegen. Einige Wissenschaftler unterscheiden jedoch zwischen den kleineren Gletschern und den großen Inlandeismassen, die sie deshalb nicht als Gletscher bezeichnen. Plateaugletscher oder Eiskappe: Ein "kleines" Inlandeis, begrenzt auf Hochplateaus. Auslassgletscher bilden sich am Rande von Eisschilden oder Eiskappen, wenn das Eis durch relativ schmale Auslässe, die das vorhandene Relief vorgibt, fließen muss. Auf einem Gletscher gibt es immer ein Nährgebiet und ein Zehrgebiet. Im Nährgebiet bleibt der Schnee auch während der warmen Jahreszeit erhalten, so dass er sich durch Temperaturwechsel und Druck im Lauf mehrerer Jahre zu Gletschereis umformt, was in den Alpen etwa zehn Jahre in Anspruch nimmt. Durch das Fließen des Eises gelangt es mit der Zeit in tiefere und für die Sonnenstrahlung exponiertere Regionen, in denen das Gletschereis zu schmelzen beginnt und in Form von Gletscherabflüssen, meist Sturzbächen, talwärts abfließt. Diese Region wird als Zehrgebiet (Gletscherzunge) bezeichnet.
Die Größe des Nähr- und Zehrgebietes variiert jedes Jahr in Abhängigkeit der Schneemenge im Winter und des sommerlichen Witterungsverlaufs. Dadurch wird der Gesamthaushalt des Gletschers bestimmt, sprich ob er sich vergrößert oder verkleinert.
Bei einem ausgeglichenen Massenhaushalt entspricht das Verhältnis Nährgebiet: Zehrgebiet etwa 2:1Obwohl Gletscher nur einen geringen Teil der Erdoberfläche ausmachen, ist weitgehend unumstritten, dass sie das lokale wie weltweite Klima sehr stark beeinflussen. Dabei sind zwei physikalische Eigenschhaften von Bedeutung:
Die Albedo der Erdoberfläche erhöht sich massiv. Das heißt, eintreffendes Sonnenlicht wird zu nahezu 90% zurück gespiegelt, wodurch es seinen wärmenden Energieeintrag in die Biosphäre nicht entfalten kann. Ein einmal ausgedehnter Gletscher hat daher die Tendenz, weiter abzukühlen und durch das über ihm entstehende Hochdruckgebiet in Verbindung mit tiefen Temperaturen sich weiter auszudehnen. Der Gletscher wirkt als Massespeicher. Wasser wird in Form von Eis in den Gletschern gespeichert und so dem Wasserreservoir vorübergehend entzogen. Dadurch werden Wassermassen oberhalb in fester Form gehalten, die sonst weltweit zu einem Ansteigen des Meeresspiegels führen würden. Dies gilt im Besonderen für den süd-polaren Bereich. (Das Nordpoleis schwimmt und ragt nur soweit aus dem Wasser, wie es seiner Verdrängung entspricht. Durch das Abschmelzen des Nordpolareises kann also der Wasserspiegel der Meere nicht ansteigen.) Die Wirkung des vermehrten Eintrags von Schmelzwasser auf die Meeresströmungen, insbesondere auf das Golfstromsystem, ist derzeit Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen.
Heute schmelzen viele Gletscher in den Gebirgen aufgrund der Globalen Erwärmung. Sie sind ein Indikator für das Langzeitklima.Gletscher sind bedeutende Landschaftsformer; insbesondere während der Eiszeiten wurden viele Gebirge umgeformt und das abgetragene Gestein an anderer Stelle als Moränen wieder aufgehäuft. Gletscher stellen auch eine sichere Wasserversorgung vieler Flüsse in der niederschlagsarmen Sommerzeit dar.
In den Polargebieten münden viele Gletscher direkt ins Meer. Das von ihnen abbrechende Eis (Kalben des Gletschers) wird zu Eisbergen. Tafeleisberge haben einen anderen Entstehungsmechanismus.
10 % (15.000.000 km²) der Erdoberfläche werden zurzeit von Gletschereis bedeckt, während der letzten Eiszeit waren es 32 %. In Gletschern wird 75 % des Süßwassers gespeichert. Bei einem Abschmelzen des gesamten Gletschereises würde sich der Meeresspiegel weltweit um 70 m anheben. Das Eis in der Antarktis ist zum Teil über 40 Millionen Jahre alt. Ohne den schweren Eispanzer würden sich Teile der Antarktis aufgrund der Isostasie um bis zu 2.500 Meter anheben. Wird das Eis durch den Eigendruck stark komprimiert, verkleinern sich die Lufteinschlüsse in der Kristallstruktur. Dadurch werden alle Farben absorbiert, lediglich der blaue Anteil wird reflektiert: das Eis schimmert bläulich. Das letzte markante Gletscherwachstum fand während der „kleinen Eiszeit“ statt und endete vor etwa 150 Jahren. Seitdem verkleinert sich die Gletschermasse kontinuierlich, mit einem jedoch stark erhöhten Abschmelzen in den letzten Jahrzehnten.
Die Vorstellung, dass Gletscher die Landschaften dieser Erde wesentlich geformt haben, ist jedoch noch nicht sehr alt: Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein hielten die meisten Gelehrten daran fest, dass die Sintflut die Gestalt der Erde prägte.
Die Schweizerische Naturforschende Gesellschaft schrieb jedoch 1817 einen Preis für ein Thesenpapier zu dem Thema aus "Ist es wahr, dass unsere höheren Alpen seit einer Reihe von Jahren verwildern?" Und spezifizierte weiterhin, dass " eine unpartheyische Zusammenstellung mehrjähriger Beobachtungen über das teilweise Vorrücken und Zurücktreten der Glescher in den Quertälern, über das Ansetzen und Verschwinden derselben auf den Höhen; Aufsuchung und Bestimmung der hier und da durch die vorgeschobenen Felstrümmer kenntlichen ehemaligen tiefern Grenzen verschiedener Gletscher" gesucht sei.
Ausgezeichnet wurde 1822 eine Arbeit von Ignaz Venetz, der auf Grund der Verteilung von Findlingen und Moränen schloss, dass einst weite Teile Europas vergletschert waren. Seine These fand jedoch nur Gehör bei Jean de Charpentier, der wiederum 1834 diese These in Luzern vortrug und dem es gelang, Louis Agassiz davon zu überzeugen. Dem rhetorisch begabten Agassiz, der in den nachfolgenden Jahren intensive Studien zur Gletscherkunde betrieb, gelang es schließlich diese Auffassung als allgemeine Lehrmeinung durchzusetzen.Die von Gletschern ausgehenden Gefahren werden nach der Ursache in 3 Kategorien eingeteilt: Gefahren durch Längen- und Geometrieänderungen, Gefahren durch Gletscherhochwasser, Gefahren durch Gletscher- und Eisstürze. Durch Geometrieänderungen können Bauwerke, die sich unmittelbar am Gletscherrand befinden, gefährdet sein. Nach Gletscherrückgang freigelegte Moränen und Felswände können instabil werden, so dass es zu Rutschungen und Hangabstürzen kommt. Gletscherhochwasser sind nicht niederschlagsbedingte Hochwasserereignisse, die durch plötzliche Entleerung von durch den Gletscher aufgestaute Seen oder im Gletscher gespeicherten, verborgenen Wassertaschen entstehen. Diese Ausbrüche verursachen oft verheerende Flutwellen, die zu großen Schäden im Tal führen. Bei Hängegletschern kommt es regelmäßig zu großen Eisabbrüchen. Dadurch ausgelöste Eislawinen können eine Gefahr für Siedlungen und Verkehrswege darstellen.

Gletscherspalte

Eine Gletscherspalte ist eine spaltartige Öffnung in der Gletscheroberfläche.Gletscherspalten entstehen wenn der stetige Fluss des Eises gestört wird. Gründe hierfür können sein:
Felserhebungen unter dem Eis Unterschiedliches Gefälle des Untergrundes Zusammenfluss mehrerer Gletscher unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten innerhalb des Gletschers. Jährlich verunglücken dutzende Menschen tödlich durch Spaltensturz. Bei so genannten aperen Gletschern (bei denen das Gletschereis sichtbar ist), sind Gletscherspalten in der Regel sichtbar und können umgangen werden. Auf firnbedeckten Gletschern sind Gletscherspalten oft nicht zu erkennen, da sie z.B. durch Neuschnee verweht sein können. Sie bergen deshalb ein hohes Gefahrenpotenzial bei Wanderungen oder Skiaufstiegen oder - abfahrten über einen Gletscher. Zahlreiche Personen kamen in Gletscherspalten um, entweder durch den Spaltensturz selbst oder durch Erfrieren bei nicht geglückter rechtzeitiger Selbst- oder Fremdbefreiung. Fällt man heute in eine Gletscherspalte und kann einen Hilferuf z.B. per Handy absetzen, ist es für das Rettungsteam meist sehr problematisch die richtige Gletscherspalte zu finden.ein firnbedeckter Gletscher wird nie unangeseilt betreten. Drei bis vier Personen sind optimal. Bei der Zweierseilschaft muss der Nichtverunglückte den Sturz halten und die Spaltenbergung durchführen, was schwer zu bewerkstelligen ist. solide Kenntnis der Spaltenbergung sind unumgänglich, da sonst in einer angeseilten Gruppe ein Sturz zwar gehalten, der Verunglückte aber u.U. nicht geborgen werden kann.

Gletscherzunge

Die Gletscherzunge ist der - oft zungenförmige - untere Teil eines Gletschers. Oft von radialen Gletscherspalten durchzogen bildet sie die Zone, an der das Eis schmilzt.
Wenn das Ende eines Gletschers auf dem Meer liegt, lösen sich Blöcke von Eis ab und schwimmen als Eisberge davon - der Gletscher "kalbt". Falls darin noch Gesteine festgefroren sind, fallen diese beim Schmelzen des Eisbergs als "Dropstones" zum Meeresboden.
Sich zurückziehende Gletscher hinterlassen an den Stellen ihrer weitesten Ausbreitung Endmoränen - mehr oder weniger sichelförmige Hügel, die vor der Gletscherzunge gebildet wurden. Weitere Überreste ehemaliger Gletscher sind neben verschiedenen Arten von Moränen auch andere Ablagerungs- und Erosionsformen wie beispielsweise Gletscherschliffe, Trogtäler oder Findlinge. Brocken von Eis, die ein Gletscher beim Zurückziehen hinterlässt, können nach dem Schmelzen so genannte Toteislöcher bilden - kleine Seen die sich später mit tonigem Sediment füllen.
Die Gletscherzunge ist auch der Ort des Gletschers, an welchem der durch Gletschermilch getrübte Schmelzwasserbach unter dem Gletscher hervortritt. Oftmals bildet sich dabei ein Gletschertor, aus dem das Wasser austritt. Vor der Gletscherzunge liegt der Sander. Dort lagert sich das vom Gletscher abgetragene Material in einer Ebene ab.

Gletschermühle

Gletschermühlen sind durch an Gletscherkanten abstürzende Schmelzwässer geschaffene, meist rundliche Hohlformen, die dabei erzeugten Aushöhlungen werden Strudel- oder Riesentöpfe genannt. Die Wassermassen können durch die Hohlformen innerhalb der größeren Inlandgletschern Grönlands 100 Meter tief abstürzen und im Steinuntergrund bis zu zwei Meter tiefe Krater auswaschen. Meist fließen die Schmelzwässer dann innerhalb des Gletschers bis zum Gletschermund ab. Für die Glaziologie spielen Gletschermühlen durch die leichte Zugänglichkeit in das Innere eines Gletschers eine wichtige Rolle.
Die Produkte der vorzeitlichen Gletschermühlen finden sich in allen Gebieten der glazialen Vereisung. Am Gletschergarten von Weissbach kann man die Arbeit des Gletschers und die Entstehung der Riesentöpfe geologisch erkennen. Im Sommer taut der Gletscher oberflächlich auf, das Wasser stürzt durch Spalten in die Tiefe. Wenn die Spalten rund sind, ergibt sich eine wirbelnde Bewegung des Wassers. Es entsteht ein zylindrisches Loch im Gletscher, das bis zum Boden reichen kann und dort die Auswaschung verursacht. Verstärkt wird diese, wenn ein Stein in diesen Strudel kommt. Der wird gedreht und bohrt sich dann unter Umständen tief in den Felsgrund, so dass Töpfe von manchmal drei Meter Durchmesser entstehen. Die Bezeichnung Mühle wurde von den mahlenden, meist rotierenden Abfluss des Schmelzwassers abgeleitet.
Kleinere Töpfe können sogar in Flußbetten entstehen. Abgerundete und oftmals durchlöcherte Blöcke, die aus Cordieritgneis bestehen füllen zwischen Markersdorf und Mohsdorf das Flußbett der Chemnitz. In der Vydra der schönsten Schlucht im Böhmerwald muss der Bach auch über große Granitblöcke springen, aus denen er beharrlich Riesentöpfe schleift.

Gletschermilch

Gletschermilch bezeichnet das grau oder weiß getrübte Abflusswasser eines Gletschers. Die Trübung entsteht dabei durch den Transport fein zerriebenen Gesteins im Wasser.